Fachbereich Geowissenschaften


Springe direkt zu: Inhalt


Service-Navigation


Hauptnavigation/Hauptmenü: Links auf direkt erreichbare, übergeordnete Webseiten


Grafischer Identitätsbereich:

Planetologie / Fernerkund.

Weitere Service-Funktionen



Navigation/Menü: Links auf weitere Seiten dieser Website und Banner





11.04.2013

HRSC Produktserie #594 - Thaumasia Planum


Explosive Zwillingskrater

Vermutlich waren heftige unterirdische Dampfexplosionen für die Vertiefungen im Zentrum dieser beiden großen Einschlagkratern auf dem Mars verantwortlich, die mit der vom DLR betriebenen Stereokamera HRSC auf der Raumsonde Mars Express der ESA am 4. Januar 2013 aufgenommen wurden. Die "Zwillingskrater" befinden sich in der Region Thaumasia Planum, einer Hochebene, die sich südlich an die Valles Marineris, den größten Canyon des Sonnensystems, anschließt.

Der nördliche (rechte) große Krater auf dem Bild trägt den Namen Arima nach einer Stadt auf der Insel Trinidad, der weiter südlich gelegene, fast gleich grosse (linke) Krater ist noch unbenannt. Beide haben einen Durchmesser von etwas mehr als 50 km und weisen komplexe Strukturen auf. Der südliche der beiden Krater wird hier ausserdem in perspektivischer Ansicht dargestellt. Bei dieser Betrachtung werden die komplexen Strukturen des Kraters in all ihren Details sichtbar. So reihen sich zum Beispiel mehrere gestaffelte Terrassen in den über zweitausend Meter hohen Kraterwänden vom oberen Rand bis zum flachen Kraterboden hin aneinander. Bei Kratern dieser Dimension ist dies häufig zu beobachten. Wenn das Ereignis des Asteroideneinschlags vorüber ist, sind die zu einem Kraterrand aufgetürmten, in diesem Fall mehrere Kilometer hohen Auswurfmassen noch instabil und sacken entlang von konzentrischen, parallel zum Kraterrand verlaufenden Schwächezonen ins Kraterinnere nach.

Am auffälligsten sind jedoch die zentralen Vertiefungen in beiden großen Kratern. Diese Vertiefungen könnten auf starke unterirdische Dampfexplosionen zurückgeführt werden, die sich möglicherweise schon während der rasch ablaufenden Vorgänge der Kraterbildung ereignet haben. Wenn ein großer Asteroid auf die Oberfläche eines Planeten auftrifft, wird ein beträchtlicher Teil der Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt. Die schnelle Erwärmung von unter der Oberfläche eingeschlossenem Wasser oder Eis kann zu heftigen Dampfexplosionen führen, die ein solches Loch im Zentrum des Kraters aufreißen, wo die Wärmeenergie am höchsten konzentriert ist. Die darüber liegende Gesteinskruste wird dadurch aufgebrochen, kollabiert dabei ins Innere des entstanden Hohlraums oder wird vollständig abgesprengt, und es bildet sich eine von Geröll umgebene Vertiefung im Zentrum des Hauptkraters, wo ein Großteil der Aufprallenergie abgegeben wird.

Obwohl die beiden großen Krater etwa den gleichen Durchmesser aufweisen, unterscheiden sich die zentralen Vertiefungen in Größe und Tiefe. Dies ist auf der topografischen Bildkarte besonders deutlich zu sehen. Möglicherweise wurde bei der Bildung des linken (südlichen) Kraters mehr Energie umgesetzt, so dass das Eis unter der Oberfläche schneller verdampfte, oder es war von Vorneherein mehr Eis vorhanden, so dass die Explosion heftiger ausfiel.

An den Auswurfdecken vieler umliegender kleinerer Einschlagkrater ist zu erkennen, dass auch dort zum Zeitpunkt des Einschlags Wasser oder Eis unter der Oberfläche vorhanden gewesen sein muss. Um diese Krater finden sich Auswurfdecken, die bei der Kraterbildung abgelagert wurden und deren Ränder die Umrisse von Blütenblätter haben. Marsgeologen bezeichnen solche Krater als "Rampart-Krater" (Rampart, engl. für Wall oder Barriere). Diese Strukturen sind auf das im hinausgeschleuderten Material eingeschlossene Wasser zurückzuführen, das zur Entstehung von Fließformen entlang der Oberfläche geführt hat.

Einschlagkrater wie diese erlauben einen Blick in die Vergangenheit und beweisen in diesem Fall, dass in der Region Thaumasia Planum einst eine große Menge Wasser oder Eis unter der Oberfläche eingeschlossen war, das bei großen und kleinen Einschlägen freigesetzt wurde.



Bildverarbeitung und das HRSC-Experiment auf Mars Express


Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden während Orbit 11.467 von Mars Express. Die Bildauflösung beträgt 25 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Farbdraufsicht (Bild 4) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivische Schrägansicht (Bilder 1) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 5), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Draufsicht (Bild 3) beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.



Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 40 Co-Investigatoren, aus 33 Institutionen und zehn Nationen stammen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin erstellt.


Download
hochaufgelöste Bilddaten / high resolution image data

Kontextkarte [2]:   TIF
(2 MBs)
JPG
(1 MB)
Farbkodiertes Höhenmodell [3]:   TIF
(61 MBs)
JPG
(22 MBs)
RGB Farbbild [4]:   TIF
(44 MBs)
JPG
(17 MBs)
Perspektive [1]:   TIF
(4 MBs)
JPG
(2 MBs)
Rot-Cyan Anaglyphe [5]:   TIF
(38 MBs)
JPG
(25 MBs)

© Copyright: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

 

© 2003 - 2024 Fachbereich Geowissenschaften Berlin 
Stand: 11.04.2013

Diese Grafiken werden nur in der Druckvorschau verwendet: